Deutschland hat die mit Abstand niedrigste Schuldenquote unter den großen Industrienationen: Die Regierung arbeitet sich an einem Thema ab, das eigentlich keines ist.
Deutschland ist im internationalen Vergleich nicht überall vorne. Bei der Bildung nicht, bei der Qualität der öffentlichen Infrastruktur nicht. Beim Fußball sowieso nicht. Nur bei den Schulden, da macht uns niemand etwas vor. Wir haben nämlich in Wahrheit nicht so viele davon. Jedenfalls im Vergleich mit anderen Ländern.
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Hier ein paar Zahlen: Die deutsche Staatsschuldenquote betrug im vergangenen Jahr 66,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die britische 102,6 Prozent, die französische 111,1 Prozent, die amerikanische 121,7 Prozent, die japanische 261,3 Prozent. Deutschland hat unter den in der Gruppe der G7 zusammengeschlossenen führenden westlichen Industrienation die niedrigste Schuldenquote. Sie haben richtig gelesen: die niedrigste. Nicht die höchste. Und die weiteren Aussichten sind ebenfalls nicht sonderlich beunruhigend: Bis zum Jahr 2028 wird diese Quote nach Vorhersagen des Internationalen Währungsfonds auf 57,5 Prozent sinken. Sie fiele damit unter den Richtwert von 60 Prozent, der im Vertrag von Maastricht – dem Gründungsdokument der Währungsunion – festgelegt ist.
Jetzt kann man lange darüber streiten, ob es nicht besser wäre, wenn die Schulden noch niedriger wären. Vielleicht, das ist ein bisschen Ansichtssache. Andererseits wäre die Bahn vielleicht heute pünktlicher, wenn in den vergangenen Jahren nicht ständig gespart worden wäre. Und vielleicht wären dann auch die Schulen in einem besseren Zustand. Aber wofür der Staat das Geld ausgibt, ist das Ergebnis einer politischen Prioritätensetzung. Und in einer Demokratie werden Politiker gewählt. Insofern hat jedes Land vielleicht die Infrastruktur, die es verdient.
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Deutschland hat ein Schuldenbremsenproblem
Aus einer rein ökonomischen Perspektive allerdings hat Deutschland vielleicht ein Schuldenbremsenproblem, aber kein Schuldenproblem. Wenn Christian Lindner jetzt eine Haushaltssperre verkündet, dann hat das wenig damit zu tun, dass der Staat nicht mehr über genug Geld verfügt. Lindner könnte sich jederzeit problemlos einen zweistelligen Milliardenbetrag borgen. Die Schuldenquote würde sich dadurch vielleicht im Nachkommabereich verändern. Wir wären aber immer noch Sparweltmeister. Mit großem Abstand.
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Die traurige Wahrheit ist: Die Regierung droht sich gerade, an einem Problem zu zerlegen, das es eigentlich nicht gibt. Dieses Schauspiel muss schnell beendet werden. Es gibt genug Probleme, die es gibt.
Die Bundesbanker haben sogar Vorschläge für eine "stabilitätsorientierte Reform" der Schuldenbremse gemacht (die allerdings eine zwei Drittel Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erfordert, also die Mithilfe der Opposition erfordert). Die linksradikalen Aktivisten der Bundesbank. Wer soll sich eigentlich noch alles äußern? Boris Becker? Der Papst?
Wirklich fast jeder mit Sachverstand schreit es von den Dächern. Nur die üblichen Verdächtigen stecken sich die Finger in die Ohren. Nichts hören, nichts sehen, nichs merken.
Ich bin ein alter Sack aber auch ich habe noch ein paar Jahre und mit Gestalten wie Lindner und Merz in Verantwortung sieht es für meinen Lebensabend übel aus. Die Kacke wird nämlich richtig am dampfen sein, wenn ich in einem Alter bin, wo ich nicht mal mehr im Ansatz die Kraft haben werde damit umzugehen. Von den kommenden Problemen der Kinder-/Enkel-Generation mal ganz zu schweigen.
Die Schuldenbremse ist halt ein Mechanismus der dem Staat verbietet handlungsfähig und gut zu seinen Bürgern zu sein, denn im Gegensatz zur Darstellung die man klassischerweise so sieht sind Staatsschulden eine komplett andere Art von Schulden als Privatschulden. Auch ohne die EZB komplett selber zu kontrollieren kann Deutschland ohne Zweifel davon ausgehen das Schulden die jetzt aufgenommen werden durch Inflation über die Zeit die sie zurück gezahlt werden mehr als nur ihre Zinslast eliminieren.
Der springende Punkt ist das Staatsausgaben über das Jahr die Geldmenge erhöhen und das ein Staat der nicht zu viel Inflation haben will diese wieder verringert durch Steuer, somit setzt die Schuldenbremse an der falschen Seite an, sie ist quasi eine Planungsbremse, wenn die nachkorrektur der Geldmenge durch ein festgesetztes Verhältnis zwischen Ausgaben und Steuern möglicherweise sinnvoll wäre, sorgt die Schuldenbremse nur dafür das sinnvolle Ausgaben nicht getätigt werden.
So ist es. Dieser Austeritätsfetisch hat in Europa auch mit beigetragen zu der jahrelangen Deflation, denn irgendwann helfen auch Negativzinsen nicht mehr. Wenn wir jetzt mit dieser Sparpolitik weiter machen, würde es mich nicht wundern wenn wir in wenigen Jahren erneut Probleme mit Deflation haben. Die Inflation für Oktober ist bereits auf 2,9% gefallen. Wirtschaftlich sinnvoll ist da natürlich alles überhaupt nicht und nachhaltig genauso wenig.
Danke für den Artikel. Es ist echt zeitweise eine unglaubliche Hürde, dass so viele Leute ihr eigenes Giro Konto mit dem Staatshaushalt gleich setzten. Auch hier wieder gefühlt 50% der Kommentare mit diesem Narrativ (in prominenten Medien ganz zu schweigen). Die Frage sollte doch nicht sein ob man Schulden macht, sondern wofür und was für ein Ergebnis man von dem eingesetzten Geld erwartet.
Und dann frag Mal die Leute was schlauer ist. 40 Jahre Miete zahlen und etwas sparen um ein Haus zu kaufen oder schulden machen und den Kredit zahlen und gleich das Haus zu kaufen
Wenn du das gesparte Geld investierst, hast du je nach Kauf gute Chance deine Immobilie zu schlagen und bist gleichzeitig deutlich liquider und weniger gebunden.
Die paar Kröten für die Miete frisst das Haus mit Instandhaltung und Nebenkosten locker auf.
Ich glaube das Narrativ des Girokontos oder der schwäbischen Hausfrau wird doch wieder auch nach dem Schema eingesetzt: einfache Lösungen für komplexe Probleme. Das war doch schon immer das Ding von Konservativen bzw. rechten Parteien.
Das komplette Volkswirtschaften so nicht funktionieren, lernt man eigentlich schon im Grundlagenmodul VWL. Und im Artikel wird ja auch schön dargestellt, dass in anderen Ländern die Schuldenquote bei weitem höher liegt und man trotzdem handlungsfähig bleibt. Selbst Firmen funktionieren heute nicht mehr nach diesem Prinzip und vor allem Start-ups können eine höhere Cash-Burn-Rate aufrecht erhalten, solange die weitere Unternehmensfinanzierung sichergestellt wird. Warum also soll das auch nicht für uns als Bundesrepublik gelten?
Aber gerade in Deutschland, dem Girokontoland Nummer 1 scheint man es mal wieder besser zu wissen.
Es wird immer viel von Investitionen gesprochen, aber ich sehe nicht viel davon. Oft sind es nur Scheininvestitionen, von denen man nicht erwarten kann, dass sie sich in der Zukunft auszahlen. Das ist eigentlich die Definition einer (guten) Investition. Sie muss in der Zukunft mehr Geld einbringen, als man am Anfang ausgegeben hat + Zinsen.
Wenn man Geld als Investition ausgibt, sollte man auch sagen können, wann man wie viel Ertrag erwartet. Alles andere ist nur undurchsichtige Geldverschwendung.
Die Schuldenbremse finde ich gar nicht so schlecht. Sie erlaubt eine leichte Verschuldung, hat ein System für antizyklische Ausgaben und zwingt die Politik zu einer gewissen Zurückhaltung. Wenn man dann unbedingt Investitionen mit Schulden tätigen will, sollte man diese auch so gut begründen, dass man 67 Prozent des Parlaments überzeugen kann.
Solange es aber Dinge wie steuerfreies Kerosin gibt, man für irgendwelche unsinnigen Prestigeprojekte Geld verbrennt und sich bei Ausschreibungen durch unzureichende Anforderungen über den Tisch ziehen lässt, braucht man ohnehin keine weiteren Schulden. Ein paar vernünftige Änderungen im Bundeshaushalt sollten völlig ausreichen.
Ich sehe das aktuelle Debakel eigentlich eher positiv. Natürlich wird das Geld jetzt etwas knapper. Aber die Regierung wird auch gezwungen sein, ihre Finanzen wirklich in Ordnung zu bringen. Unsinnige Ausgaben könnten gestrichen werden und man könnte dort Geld eintreiben, wo es längst überfällig ist. Das Land könnte das Ganze relativ unbeschadet überstehen und mit einigen bedeutsamen Verbesserungen in die Zukunft gehen.
Vielleicht bin ich da etwas zu optimistisch. Mal sehen, ob die FDP mitspielt...
Die 0,35% BIP Defizit, die die Schuldenbremse erlaubt sind einfach viel zu gering, erst recht im aktuellen Umfeld. Sie bietet auch kaum Spielraum, um angemessen auf Wirtschafts- und Strukturkrisen zu reagieren. Zum Vergleich, die USA fahren dieses Jahr ein Defizit von 7,3% BIP. Umgerechnet auf Deutschland wären das 300 Mrd. Euro Mehrausgaben jährlich. Angesichts dieser Zahlen, braucht man sich nicht wundern, dass es jenseits des Atlantiks deutlich höhere Wachstumsraten gibt, wenn der Staat solche Summen in die Wirtschaft pumpt. Vor allem wird es mit dieser Schuldenbremse auch schwer, bei dem aktuellen globalen Subventionswettlauf für Zukunftsindustrien mitzuhalten.
Das reguläre Defizit von 0,35% ist auch nicht für "Wirtschafts- und Strukturkrisen" gedacht. Dafür ist die Notverschuldung da, die bisher auch für Krisen genutzt wurde. Wenn es jetzt eine solche Krisensituation geben sollte, dann ist die Schuldenbremse kein Hindernis. Man muss aber ein Gericht überzeugen können, anstatt jedes Jahr eine neue Krise zu erfinden, um aus dem Vollen schöpfen zu können.
Um im Subventionswettlauf einigermaßen mithalten zu können, bedarf es meiner Meinung nach nicht unbedingt neuer Schulden. Es gibt genügend gute Finanzierungsquellen, die keinen Wirtschaftszweig besonders gefährden würden. Die Politik scheint nicht bereit zu sein, diese Entscheidungen zu treffen. Stattdessen werden weiterhin unsinnige Ausgaben getätigt und einige Bereiche, in denen Mehreinnahmen längst überfällig sind, werden unangetastet gelassen. Kein Wunder, dass das Geld für Zukunftsprojekte fehlt. Mehr Schulden scheinen eher ein politisches als ein wirtschaftliches Problem zu lösen.
Die USA als positives Beispiel für eine gute Wirtschaftspolitik zu wählen, ist eher fragwürdig. Bei anhaltend hohen Zinsen ist damit zu rechnen, dass sie in einigen Jahren ernsthafte Finanzprobleme bekommen könnten.
Eine Ausgabe von 300 Milliarden liegt weit jenseits dessen, was sich das Land dauerhaft leisten kann. Ist es dann so schlimm, dass diese Ausgaben eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erfordern?
Können wir mal ehrlich darüber diskutieren, was die Vor- und Nachteile einer Schuldenaufnahme sind? Es würde mich ernsthaft interessieren. Meine Milchmädchenrechnung sagt, dass es unverantwortlich ist, mehr auszugeben, als man einnimmt. Aber vielleicht gibt es irgendwelche Volkswirtschaftlichen Gründe / Finanztrickereien, die ernsthaft begründen, warum das für den Staat nicht gilt?
Vorteile einer Schuldenaufnahme:
Kurzfristig (!) mehr Geld zur Verfügung
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Nachteile einer Schuldenaufnahme:
Spätere Generationen müssen sie zurückzahlen
Zusätzliche Zinslast.
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Worauf wartet man da? Darauf, dass die Inflation die Schulden auffrisst? Und warum würde das nicht funktionieren, wenn ein Individuum das versucht?
Du kannst als Privatperson einen Kredit aufnehmen, in irgendetwas investieren, was die Zinsrate deines Kredits übertriffst und machst damit Gewinn, fährst aber auch das Risiko einen größeren Verlust zu haben, wenn sich das Investment nicht auszahlt.
Bei Unternehmen sieht es ähnlich aus: Da werden Kredite aufgenommen, um mehr Mitarbeiter einzustellen/Produktkapazitäten zu erhöhen/R&D zu finanzieren und und und. Wenn du dadurch den Umsatz ausreichend steigerst, hast du alles richtig gemacht.
Investition in Bildung ist bei Staaten so das Paradebeispiel. Je höher der Bildungsgrad deiner Bevölkerung, desto bessere Jobs können sie bekommen und desto mehr Geld verdienen sie. Dadurch profitierst du als Staat durch höheres Steueraufkommen. Dieselbe Argumentation funktioniert auch für Migration: mehr Menschen können mehr erwirtschaften, dadurch fallen mehr Steuern für den Staat ab. Selbst bei Sozialausgaben an die Ärmsten der Gesellschaft kann man argumentieren, dass die sowieso ihr komplettes Einkommen verkonsumieren müssen, was wiederum teilweise in Steuern an den Staat zurückfließt. Das ist also ein kleineres Verlustgeschäft als wenn man Gelder an vermögende Personen ausschüttet, weil die das sehr wahrscheinlich auf ihrem Bankkonto oder in irgendwelchen Finanzinstrumenten parken.
Ok, ich verstehe, was du meinst. Investitionen können sich auszahlen, das ist ein valides Argument.
Dennoch bin ich kein Fan davon, Dinge, die eigentlich nicht überraschend kommen, und jedes Jahr zu tätigen sind, wie Ausgaben im Gesundheitsbereich oder Bildung oder Sozialleistungen oder Infrastruktur aus Schulden zu finanzieren. Dieser Denkweise liegt nämlich zugrunde, dass wir ein wachsendes BIP und damit in Zukunft mehr Steuereinnahmen haben. Aber ich glaube nicht an ein weiteres Wirtschaftswachstum.
Ganz im Gegenteil, vieles von dem, was in den letzten zwanzig Jahren gemacht wurde, begeistert mich nicht. Man denke daran, dass die Reichen immer reicher werden, die Armen immer ärmer, und sich dieses Problem auch durch Wirtschaftswachstum nicht ändern lässt. Ganz im Gegenteil, die Schere geht immer weiter auf. In meinen Augen brauchen wir eine ehrliche Reflektion darüber, wo wir als Gesellschaft hinwollen, und wie wir dorthin kommen, ohne nur dumm den Zahlen und dem Wirtschaftswachstum hinterherzulaufen.
Du kannst dir jetzt Geld leihen, um dir ein Auto kaufen. Damit kannst du deinen Job, direkt in deiner Nähe kündigen und stattdessen einen annehmen, der weiter entfernt ist. Da bekommst du aber ein paar hundert Euro mehr im Monat. Bis zum Rest deines Arbeitslebens. Sind das jetzt Schulden oder eine Investition von der du langfristig profitierst?
Und jetzt stell dir vor du bist ein Staat. Es gibt keine begrenzte Zeit bis zum Rentenalter, in der du profitierst.
Und es wird noch besser: Die Zinsen sind viel niedriger, denn jemand, der dir persönlich Geld leiht berechnet das Risiko mit ein, dass du stirbst bevor du das Geld zurück zahlen kannst. Staaten sterben nicht an Altersschwäche.
Es ist also mitnichten so wie du schreibst:
Vorteile einer Schuldenaufnahme:
Kurzfristig (!) mehr Geld zur Verfügung
Nachteile einer Schuldenaufnahme:
Spätere Generationen müssen sie zurückzahlen
Zusätzliche Zinslast.
Dir steht nicht kurzfristig mehr Geld zur Verfügung, sondern du kannst jetzt mit Geld langfristig in Verbesserung der Infrastruktur investieren.
Und du hast auch keine späteren Generationen, die arm werden, weil sie Schulden zurückzahlen müssen. Du hast spätere Generationen die jedes Jahr und immer wieder höhere Einnahmen haben, weil sie in einem Land mit guter Infrastruktur erfolgreichen und produktiever wirtschaften können. Und nur ein Teil dieser Mehreinnahmen fließt zur Tilgung der Schulden ab. Der Rest macht sie reicher.
Klar, man kann nicht unbegrenzt immer wieter Schulden aufnehmen, ohne sie zurückzuzahlen. aber das tut ja auch niemand. Deutschland hat gespart als die Zeiten gut waren und die Schuldenquote reduziert. Jetzt sind die Zeiten nicht gut, also muss man investieren, um die Situation zu verbessern.
Oder, zurück zur ursprünglichen Analogie:
Dein lokaler Arbeitgeber macht demnächst zu. Investierst du Geld (auch wenn du es dir leihen must) in ein Fahrzeug, um weiter entfernt einen neuen Job anzunehmen, oder setzt du dich zu Hause hin und wartest ob ein neuer Job vom Himmel fällt, um ja keine Schulden zu machen während du in Wirklichkeit die ganze Zeit durch Ausgaben aber kein Gehalt ärmer wirst?
"Du hast spätere Generationen die jedes Jahr und immer wieder höhere Einnahmen haben, weil sie in einem Land mit guter Infrastruktur erfolgreichen und produktiever wirtschaften können."
Das bedeutet, dass du daran glaubst, dass wir Wirtschaftswachstum erzwingen können, indem wir einfach nur genug investieren. Ich halte das für grundfalsch, weil die Annahme sein muss, dass es eben kein Wirtschaftswachstum gibt (wie es in der überwiegenden Mehrheit der letzten 2000 Jahre der Fall war). Und es ist ein Glückstreffer, falls es doch Wirtschaftswachstum gibt, aber ein Staat ist kein Casino, und wir dürfen nicht auf etwas spekulieren, dass es möglicherweise vielleicht in Zukunft geben wird. Das ist unverantwortlich. Wenn du dir die Grafiken anschaust, wie viel Wirtschaftswachstum wir in den letzten sechzig Jahren hatten, dann siehst du, dass die Kurve jetzt gerade gegen null geht. Quelle:
Wenn du Schulden nur aufnimmst, um Wahlgeschenke wie das Baukindergeld oder die Renten zu erhöhen zu machen, hilft das relativ wenig, ja.
Wenn du für 6 % Schulden aufnimmst für 30 Jahre, um die Bahninfrastruktur die nächsten 50 Jahre zu sanieren und das einen jährlichen BIP Wachstum von 2 % macht und wenn du es nicht machst, das BIP um 5 % schrumpft, dann ist es eine sinnvolle Investition.
Klüger wären halt Schuldenaufnahme für Infrastruktur gewesen, als wir noch Geld fürs Leihen bekommen haben.
Dann müssen spätere Generationen sie zwar zurückzahlen, aber sie machen auch Gewinn mit der Investition.
Worauf wartet man da? Darauf, dass die Inflation die Schulden auffrisst? Und warum würde das nicht funktionieren, wenn ein Individuum das versucht?
Das funktioniert nur mit langer Zinsbindung.
Unternehmen finanzieren auch gerne mit Fremdkapital. Denn wenn du eine Rendite von 15 % hast, wärst du blöd, wenn du nicht Geld zu 8 % aufnimmst und es vermehrst.
Die vorherigen Antworten erklären das Prinzip schon ganz gut. Ich möchte aber noch mehr auf den Punkt "zukünftige Generationen müssen das dann zurückzahlen" eingehen.
Gehen wir mal davon aus, der Staat nimmt Schulden auf und tätigt eine wirtschaftlich schlechte Investition, die langfristig keine oder nur eine geringe Rendite verspricht. Irgendwann später läuft die dafür an Banken verkaufte Staatsanleihe ab und die Schulden inklusive Zinsen müssen getilgt werden. Das passiert aber in aller Regel mit dem Verkauf weiterer Staatsanleihen und nicht mit Steuergeldern. Solange die Wirtschaft noch gut läuft und genug Vertrauen da ist, dass sich dieser Prozess auch in Zukunft wiederholen lässt, müssen zukünftige Generationen auch nichts von ihrem Geld/Wohlstand dafür hergeben. Werden allerdings immer mehr schlechte Investitionen getätigt, sinkt dieses Vertrauen und es wird zunehmend risikoreicher Staatsanleihen zu erwerben.
D.h., in erster Linie verliert bei einer schlechten, durch Schulden finanzierte Investition der jetzige Halter einer Staatsanleihe, da das bei Kauf angesetzte Risiko niedriger ausfällt als das momentane. Würde man jetzt eine Staatsanleihe kaufen, erhielte man einen höheren Zinsertrag. Das ist ähnlich zum Sinken einer Aktie bei fragwürdigen Unternehmensentscheidungen.
Und jetzt noch eine Sache zur Einstellung "man kann nur ausgeben was man einnimmt". Für Privatperson in einigen Situationen sicher sinnvoll und selbst Unternehmen wollen zumindest irgendwann mal schwarze Zahlen schreiben. Nicht aber der Staat, der , genau anders herum, zunächts einmal Geld ausgeben muss bevor er es über Steuern wieder einnehmen kann. Schließlich müssen Menschen konsumieren, damit Unternehmen Einnahmen haben und wiederum Leute anstellen und Löhne zahlen können, damit diese wieder konsumieren können usw. Würde Deutschland, die Eurozone und alle anderen Länder der Welt ihre Schulden schlagartig ausgleichen (mit Geld, dass aus der Wirtschaft gezogen würde), gäbe es keine Bank mit Vermögen mehr und im Prinzip auch keine Möglichkeit mehr für irgendjemanden an Geld zu kommen.
Steuern sind also vielmehr ein Instrument zur Umverteilung und Konsumsteuerung als dass sie den finanziellen Handlungsspielraum eines Staates bestimmen.
@Haven5341 Solange der Posten der Zinszahlungen einmal wahlweise unsere Bildungs oder Verteidungsausgaben verdoppeln könnte wenn wir ihn nicht für Zinsen ausgeben müssten, habe mindestens ich ein Problem mit den Schulden die dieser Staat macht.
Es pisst mich an das 10% meiner Steuern an irgendeinen Geldsack gehen.
Es ist mir vollkommen klar das jeder Hansel lieber neue Schulden aufnimmt als sich darüber zu streiten was man kürzt.
@kellerlanplayer Was? Es geht ja nicht darum die Ausgaben zu reduzieren. Es geht darum sie zu verschieben.
Denk mal mit einem Zeithorizont von mehr als 4 Jahren.
Macht es mehr Sinn eine Ausgabe über 30 Jahre mit Kredit zu finanzieren, zu 110% Kosten, oder macht es mehr Sinn eine Ausgabe über 30 Jahre zu finanzieren, aber direkt, zu 100% Kosten?
Die Zinsen fließen einfach nur ab. Das ist keine "Investition", es sei denn du glaubst an trickle down economics.
ja, leider. Die Inflation ist viel zu hoch. Jedenfalls kann man sich nicht darauf verlassen, dass es ein Naturgesetz gibt, das sagt "du brauchst deine Schulden nicht zurückzahlen, weil wenn du es nicht machst, dann verschwinden sie schon von alleine".
Das ist die gleiche Denkweise, wie wenn man seinen Teller nicht abwäscht, weil es dann der WG-Kollege machen wird.
wäre es dir lieber, dass deine Steuerzahlungen keine Zinsen tilgen, du dafür aber nur ein Viertel deines jetzigen Lohns bekommst?
staatliche Investitionen sind im hohen Maß entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Du verkürzt den Wert der Investition, der ja mehr ist, als nur die gezahlte Geldsumme. Entscheidend ist, wie die Rückläufe sind, und ob die Summe der Rückläufe die Kosten für Zinsen und Tilgung überschreiten.
Insofern wäre dann auch der Bildungshaushalt einfach noch kleiner als jetzt, weil es garnicht das Steueraufkommen gäbe, um es zu finanzieren.
Mir wäre es auch lieber wenn sich der Bildungshaushalt tatsächlich auf die Bildung konzentrieren würde und nicht 90% davon tatsächlich an irgendwelche private Forschung gehen würde.
@Haven5341 Außerdem geht das große demokratische Experiment nach "dem Sieg" gegen den Kommunismus gerade in die Nachspielzeitt.
Die sind nämlich an ihren explodierenden Kosten für Rüstung und importen zu Grunde gegangen. Die Proteste und der Umsturz kamen nur weil das System wirtschaftlich am Ende war. Ob es uns genauso geht ist noch nicht raus.
Es hilft mir genau gar nichts wenn Deutschland 10 Jahre länger macht als der restliche Westen weil wir "vergleichsweise wenig" Schulden haben.
Danke dass das mal jemand sagt. Wir müssen langfristig denken. Ein System, das auf einem ins unendliche wachsenden Schuldenberg aufgebaut ist, wird keine Zukunft haben.
Es ist vollkommen richtig Schulden vermeiden zu wollen. An Schulden profitieren nur die Banken. Ja, man kann Mal Schulden machen, aber es darf nicht oft sein. Der Staat muss es gut abbezahlen können, ohne dass es die Investitionen in kommenden Jahren zu stark begrenzt. Probleme mit Schulden kommen immer verzögert. Man darf sich da auch nicht an anderen "großen Industrienationen" orientieren, denn da läuft es auch nicht optimal.
Es gibt vermutlich ein Optimum, wenn man Schulden im Verhältnis zum BIP betrachtet. Die Schuldenbremse ist aber nicht geeignet um das abzubilden, weil Investitionen, die das BIP mehr erhöhen als investiert wurde damit nicht möglich sind. Sprich, man sollte gute Schulden machen, die sich später auszahlen (so agieren ja auch quasi alle großen Unternehmen).
Viele Junge Menschen sagen, die vorherigen Generationen hätten "den Wohlstand verbrannt". Aber genau das würden wir heute tun, wenn wir weitere Schulden aufnehmen würden.
Den Wohlstand verbrennen wir, indem wir uns mit der Vermeidung von notwendigen Investitionen die Wirtschaftsgrundlage entziehen. Und wir nebenbei trotzdem unsere Ökosysteme zerstören.
Wir verbrennen gerade unsere gesamte Zukunft indem wir seit Jahrzehnten unsere Infrastruktur wegen der irrationalen Sparpolitik verfallen lassen, wir haben jetzt schon hunderte milliarden Euro investitionsbedarf, unsere Kommunen, Schulen und Universitäten zum sparen zwingen, und so grundlegende Versorgung durch den Staat zunichte machen, und uns komplett die Zukunft verbauen, und dann kommt noch der Klimawandel, der weitere hunderte von Milliarden Euro benötigt um ihn zu begrenzen und die Folgen davon zu bekämpfen. Wir können uns die Schuldenbremse einfach nicht leisten, weil sie wortwörtlich unsere Zukunft bremst.