In Bayern wurde das System reformiert. Hier gibt es mittlerweile den kombinierten "Orts- und Familienzuschlag". Die Logik dahinter ist folgende: Viele von uns Beamten werden in Orten eingesetzt, in denen wir nicht unbedingt sein wollen, und oft auch letztlich bestenfalls durchschnittlich verdienen.
Konkretes Beispiel: meine Frau und ich sind beide Akademiker und Beamte. Wir verdienen bei jeweils über 10 Jahren Dienst ca. 20.000 Euro weniger als das durchschnittliche(!) Haushaltseinkommen in unserem Wohnort bei München. Da sind wir aber mit unserer Soldstufe noch gut dabei - ein Polizist liegt da deutlich weiter drunter. Würden wir irgendwo im fränkischen Hinterland unseren Dienst leisten, wären wir wahrscheinlich 20k über dem Durchschnitt.
Der Staat geht nun her und will diese Diskrepanz ausgleichen, um auch die höheren Lebenshaltungskosten zu nivellieren. So wie ja auch der Markt in Ballungsräumen höhere Gehälter bietet. Da Kinder dann zusätzlich mehr Wohnraum und Betreuung erfordern, wird auch dafür je nach Wohnort gestaffelt nochmal was zusätzlich gezahlt.
Nun könnte man natürlich argumentieren, dass ich mich ja versetzen lassen oder kündigen könnte. Nach der Logik gäbe es aber insgesamt und besonders in Ballungsräumen dann viel zu wenige Beamte - und bei aller berechtigten Kritik an Bildungssystem, Polizei usw. sind sie halt trotzdem recht wichtig.
Der Beamtenstatus hat viele Vorteile und ich bin der letzte der das bestreitet. Die finanzielle Situation gehört nur sehr bedingt dazu. Dafür, dass wir auch viele Freiheiten aufgeben (Wahl des Orts, Streikrecht, öffentliche Meinungsäußerung ist eingeschränkt usw.), ist es nicht immer der beste Deal. Mit anderen Worten: trotz ein paar Euro mehr für meine Kinder gehöre ich leider nicht zu den Reichen.
Wo ich aber immer mitgehen würde, ist, dass Familien mit Kindern stärker unterstützt werden müssen - gern auch orts- und einkommensabhängig, da ja auch die fast sprichwörtliche Bäckereifachverkäuferin in Ballungsräumen gebraucht wird, zu wenig verdient und irgendwie über die Runden kommen muss. Dafür sollten aber vor allem überdurchschnittlich gut gestellte Vermögen herangezogen werden.
Der Beamtenstatus hat viele Vorteile und ich bin der letzte der das bestreitet. Die finanzielle Situation gehört nur sehr bedingt dazu. […] Mit anderen Worten: trotz ein paar Euro mehr für meine Kinder gehöre ich leider nicht zu den Reichen.
Die Statistiken sprechen da aber ein deutliche und andere Sprache. BeamtInnen gehören überdurchschnittlich zu den Reichen und Vermögenden.
„Beamtinnen und Beamte des gehobenen oder höheren Dienstes hingegen hielten ein Nettovermögen von etwa 181.000 Euro und damit deutlich mehr als Angestellte mit qualifizierten Tätigkeiten“
Den oberen 10-Prozent der Nettoeinkommen gehören 10,3% BeamtInnen (und 9,2% PensionärInnen!) an.
2018 lebten 83 Mill Einwohner (der Einfachheit halber) in Deutschland. Also sind die oberen 10-Prozent 8,3 Mill Menschen. Davon sind 0,83 Mill BeamtInnen.
Es gab ca. 1,7 Mill BeamtInnen in 2018, was einem Anteil an der Bevölkerung von ca 2% entspricht.
D.h. von den 1,7 Mill BeamtInnen sind 0,83 Mill - fast 50%, jeder Zweite - in den oberen 10-Prozent Nettoeinkommen!
Den Pensionärs vs Rentnervergleich lasse ich jetzt mal. Wird vermutlich noch schlimmer.
Selbst wenn es sich für dich nicht so anfühlt als ob du „Reich“ bist, bist du es ziemlich sicher. Vermutlich kennst du einfach zu wenige Menschen den unteren 20%, also MiniJobber und Prekäre, um zu verstehen, wie gut es dir geht. Ein wenig Demut täte dir gut.
Es tut mir echt leid, aber den letzten Satz nehm ich persönlich.
Ich unterrichte seit Jahren verhaltensauffällige Kinder an einer klassischen Brennpunktschule - genau diese unteren 20%. Ich komme selbst aus diesen 20%. Ich weiß besser als viele andere, was es bedeutet, in Deutschland arm zu sein, vom Rest abgehängt und vergessen zu werden. Ich arbeite tagtäglich mit diesen Menschen, weil es außer mir und sehr wenigen anderen kaum jemand tut, weil es einfacher ist, an einer der schönen, netten Vorstadtschulen zu unterrichten, weil es einfacher ist, über Lehrkräfte zu schimpfen als es selber besser zu machen und weil es bei den großen Firmen einfach so viel mehr Geld gibt. Erzähl mir bloß nix von Armut und Reichtum.
Ich weiß sehr wohl, dass ich gut gestellt bin, weil ich 25 Jahre lang hart dafür gearbeitet habe. Werd Beamter, wenn es so geil ist. Es gibt wirklich viele Wege. Aktuell laufen etliche Quereinsteiger-Programme. Ich bin selbst Spät-Einsteiger und freue mich ehrlich über neue Leute. Ich habe in meinem alten Job fast das doppelte verdient, wollte aber was mit Wert machen. Fühl dich aufrichtig und von ganzem Herzen eingeladen dazu.
Aber es sind nicht alle Beamten im mittleren oder höheren Dienst.
Zu sagen, dass es reiche Leute gibt, die ähnlich sind, macht einen nicht reich. Ich mein, in der IT sollte man auch nicht wenig verdienen und viele kriegen ziemlich hohe Gehälter,, aber ich zb als Berliner krieg grad mal 31.000. (Der Schnitt ist hier auch entsprechend mies).
Das Thema der Beamtenbesoldung ist zu komplex, um das in einem Satirebeitrag umfassend aufzugreifen und hier im Thema wird polemisch auf der gleichen Ebene kräftig aufgetischt.
Ich empfehle zum Einstieg jedem, im Netz nach dem Alimentationsprinzip zu suchen, Artikel zu Zwangsabordnungen von Lehrkräften an andere Schulen zu lesen, den über 400 Seiten langen Thread zur verfassungswidrigen Alimentation und das damit verbundene Kalkül der Dienstherren auf forum.oeffentlicher-dienst.info zu lesen oder sich, angesichts der angeblichen ausschließlichen Vorteile zu fragen, weshalb man selbst keine Beamtenlaufbahn eingeschlagen hat. Die steht (fast) jedem offen.
Selbst mit "fast" einfach faktisch falsch, da der Großteil der deutschen Bevölkerung vom gewünschten Beamtenverhältnis ausgeschlossen ist!
Und das eben nicht, wie sonst überall, aufgrund mangelnder Leistung!
Beispiel Bewerbung bei der Bundespolizei, Länder-Polizeien sind noch strenger:
Mittlerer Dienst:
… zwischen 16 und 27 Jahre alt sein. Ausnahmen sind möglich: Wenn du eine Berufsausbildung abgeschlossen hast und mehr als drei Jahre Berufserfahrung mitbringst, darfst du höchstens 35 Jahre alt sein.
Gehobener Dienst:
… höchstens 33 Jahre alt sein. Ausnahmen sind möglich: Wenn du eine Berufsausbildung abgeschlossen hast und mindestens drei Jahre Berufserfahrung mitbringst, kannst du bis zu 39 Jahre alt sein.
Gehen wir mal von der höchsten Grenze aus, dann sind alle Menschen ab 40 Jahren ausgeschlossen. In Deutschland waren das laut aktuellster Statistik im Jahr 2022 etwa 47,86 Millionen!
Lassen wir die Rentner/Pensionäre weg (65 und älter; -18,66), bleiben 29,2 Millionen übrig.
Dem stehen dann 22,24 Millionen 18-39 Jährige gegenüber, die aber für den Polizeidienst im speziellen und den Beamtenstatus im allgemeinen weitere, teils angeborene Eigenschaften aufweisen müssen. Auch erworbene Erkrankungen und Behinderungen schließen dich von einigen Tätigkeiten aus.
Lehrer werden häufig NICHT mehr verbeamtet. Sind einfache Angestellte, die man dann vor den Sommerferien entlassen und danach wieder einstellen kann. Spart beides Geld.
Oder du bist Beamter auf Probe/Widerruf und dein BMI stimmt nicht. Da steht dann die Übernahme auf dem Spiel! Gerade im Lehramt (anekdotisch) recht häufig mitbekommen.
Aber das sind doch irgendwie auch nachvollziehbare Einschränkungen, oder?
Für jede Karriere gibt es Voraussetzungen und Einschränkungen. Da bei Beamten auch neben den üblichen Punkten wie Gehalt noch die lebenslange(!) Versorgung durch den Arbeitgeber gewährt wird, sind auch gesundheitliche Aspekte relevant. Das spart letztlich dem Steuerzahler viel Geld.
Ein Karriere-Wechsel über 40 gehört auch in der Wirtschaft nicht zur Norm, sodass man das gleiche Gedankenspiel für einen Wechsel von Buchhändler zu Software-Entwickler mit fast dem gleichen Ergebnis durchdeklinieren könnte.
Für Berufsanfänger und Wechsler bis 39 gibt es im Beamtenwesen viele Optionen, wenn man sich das geben will. Insbesondere durch den aktuellen, eklatanten Mangel zum Beispiel im Lehrbereich werden immer mehr Augen zugedrückt und Quereinstiege ermöglicht.
Wir können gern über das Beamtentum an sich diskutieren - aber bitte fair und nicht polemisch. Ich war selbst später Wechsler, wurde erst mit 35 verbeamtet. Es gibt immer wieder Wege. Komischerweise gehe aber wenige Qualifizierte diese Wege - unter anderem, weil man zum Beispiel als Akademiker in der freien Wirtschaft mit vergleichbaren Qualifikationen oft deutlich besser verdient (vor allem im MINT-Bereich).
Ich empfehle zum Einstieg jedem […] sich […] zu fragen, weshalb man selbst keine Beamtenlaufbahn eingeschlagen hat. Die steht (fast) jedem offen.
Ich glaube das war nicht auf jeden, in diesem Moment bezogen, sondern auf jeden, im Laufe seines Lebens, weshalb das Alter eine untergeordnete Rolle spielt, was die Entkräftung der Aussage angeht.
Lehrer werden inzwischen wieder in jedem Bundesland verbeamtet, weil die Konkurrenz sonst alle Lehrer aus dem Bundesland zieht... Berlin ist als letztes eingeknickt und verbeamtet jetzt seit letztem Jahr alle Lehrer auch rückwirkend.
Du schreibst absoluten Quatsch. Polizei und Feuerwehr haben nachvollziehbar andere Voraussetzungen, die erfüllt werden wollen, als Verwaltung, Ämter, Schulen, … In NRW wird bspw. problemlos bis 42 verbeamtet.
Lehrer werden überall vorwiegend verbeamtet. Mittlerweile ja sogar wieder in Berlin. Die Gesundheitsprüfung ist schon länger deutlich weniger streng. Hier wird bspw. auch mit BMI von 35 problemlos verbeamtet.
Ich weiß nicht, wie das so mit diagnostizierten psychischen Problemen so bei der Beamtenlaufbahn aussieht. Oder dann auch noch mit Psychiatrieerfahrung. Oder wenn du von der Polizei aus rassistischen Gründen Gewalt erfährst und dann später nen Verfahren wegen Körperverletzung oder Widersetzung am Hals hast. (E: Das sind alles Beispiele aus meinem Bekanntenkreis.) Es gibt so viele Gründe, warum Menschen eben nicht als Beamt:innen arbeiten können. Ganz abgesehen davon, ob Menschen überhaupt einen Beruf als Beamte anstreben. Warum sollten diese dann anders behandelt werden, als solche, die sich für die Beamtenlaufbahn entscheiden?
Das kommt ganz auf die Diagnose des Arztes an, bspw. ob austherapiert wurde, etc.
Derartige Verfahren können allgemein im öD (und auch woanders) ein Hindernis sein, das beschränkt sich nicht auf den Beamtenstatus. Ich musste bspw. für meine vorangegangene Ausbildung eine Führungszeugnis vorweisen und zum Werksarzt.
Wenn man sich nicht für die Beamtenlaufbahn entscheidet bzw. für die damit verbundenen Incentives, ist das wie bei anderen Incentives auch: in deren Genuss kommt man dann eben nicht. Es ist doch naiv oder die Realität verklärend anzunehmen, nur Beamte hätten ggü. Anderen Vorteile. Das hast du doch auch bei Angestellten untereinander. Firmenwagen, Tankgutscheine, Jobrad, subventionierte Kantine, Fitnessclub-Mitgliedschaft, Boni, Mitarbeiteraktien, … das sind Incentives, von denen viele AN träumen und die andere AN genießen. 🤷🏽♂️
Das war aber schon immer so. Das Alimentationsprinzip und der Beamtenstatus sind in keinster Weise vergleichbar mit einem Angestelltenverhältnis und in den Verfassungen verankert.
Beamte sind keine Angestellte. Der Status hat gravierende Vor- und Nachteile. Wer sich davon nur einen Teil herauspickt argumentiert unehrlich und kann ignoriert werden.
Aber das kannst du dann ja nicht medial ausschlachten oder emotional diskutieren. Und vor allem kann man dann die Durchschnittsbevölkerung nicht gegeneinander ausspielen.
Über Beamte haten ist so unnötig spalterisch aus meiner Sicht. Wir sind alle von Lohnarbeit abhängig, wir sitzen alle im gleichen Boot. Ich glaub wir würden als Gesellschaft profitieren, wenn wir nicht so sehr auf solche divide et impera Köder reinfallen würden.
Die Vorteile des Beamtenstatus im Vergleich zu Privatangestellten betreffen weit mehr als das Kindergeld, etwa höhere Pensionen, keine Sozialversicherungsbeiträge, Zuschüsse und erleichterten Zugang zur Leistungen in der Gesundheitsvorsorge.
Ein Bürger eines Landes, der unkündbar ist und aufgrund seines Standes besser behandelt wird als alle anderen. Das klingt nach einem Paradebeispiel für Chancengleichheit.
Ich find es immer wieder erstaunlich, wie es in Deutschland heißt: "Ne, das geht nicht" während es andere Länder seit Jahrzehnten umsetzen.
Beamte (+ diverse andere Berufsgruppen) sind nicht Teil des solidarischen Systems in Deutschland und sollten zum Wohle aller in dieses integriert werden.
Beamte erhalten weniger Bezüge, weil Pensionsrückstellungen gebildet werden (bzw. werden sollten, mit dem Geld werden aber schon seit Ewigkeiten andere Löcher gestopft),
das Brutto muss (somit), damit Beamte nicht plötzlich schlechter gestellt sind, deutlich (!) erhöht werden,
Beamte sind trotz Beihilfe (mit PKV) billiger, als wenn man sie gesetzlich versichern würde,
aufgrund der hohen Anzahl an PKV-versicherten Beamten fällt dann ein merklicher Teil der Querfinanzierung von Ärzten und Krankenhäusern weg,
mehr Einzahler bedeuten auch mehr Bezieher von Leistungen,
viel Spaß, wenn Polizei, Feuerwehr und Lehrkräfte das Land mal Wochen lang mit Streiks lahm legen (also so richtig lahm legen und nicht nur „Oh, wie blöd. Der Müll wird heute nicht abgeholt, weil gestreikt wird.“)
Du kannst Bedarfe nicht mehr steuern, wenn Du Leute nicht zwangsversetzen kannst (Hallo ländlicher Raum, hallo Grundschulen, …)
Es ist nicht so, als könne man die Waage einfach mal einseitig verschieben, weil das erstmal ganz nett klingt. Erst recht nicht, wenn man ein ewig bestehendes System einfach komplett abschaffen will.
Nicht falsch verstehen. Persönlich ist mir das egal, da Bestandsschutz.
Kann man gerne fast alles anpassen, habe ich nichts dagegen. Ich verlange nicht, dass Beamte weniger bekommen, sondern dass diese Sonderstellung entfernt wird. Die Kluft zwischen Beamten und Normalbürgern wird immer größer und es wird auch nicht besser. Also besser mal jetzt mit ändern anfangen.
viel Spaß, wenn Polizei, Feuerwehr und Lehrkräfte das Land mal Wochen lang mit Streiks lahm legen (also so richtig lahm legen und nicht nur „Oh, wie blöd. Der Müll wird heute nicht abgeholt, weil gestreikt wird.“)
Das kann auch weiterhin gesetzlich geregelt sein?
Du kannst Bedarfe nicht mehr steuern, wenn Du Leute nicht zwangsversetzen kannst (Hallo ländlicher Raum, hallo Grundschulen, …)
Gibt doch auch jetzt schon Boni zur besseren Steuerung (zumindest in manchen Bundesländern). Mal ganz abgesehen davon, dass es in der freien Wirtschaft ja auch festgeschriebene Arbeitsorte gibt?
mehr Einzahler bedeuten auch mehr Bezieher von Leistungen,
Als jemand der an der Bemessungsgrenze kratzt, sag ich an der Stelle auch weg mit der Bemessungsgrenze, insbesondere für die Superreichen.
Ziel wäre es eben ein geeintes Sozialsystem zu haben, aus dem sich Beamte wie Politiker (+diverse andere Berufsgruppen) nicht einfach wegducken können, weil sie ja anders abgesichert sind.