Eigentlich hat Finanzminister Lindner eine Erhöhung der Sozialabgaben für Gutverdiener gestoppt. Aus Regierungskreisen heißt es jetzt, das Kabinett soll doch den Entwurf von Arbeitsminister Heil verabschieden. Das bedeutet: Ab 2025 werden Gutverdiener stärker zur Kasse gebeten.
tl;dr:
In der allgemeinen Rentenversicherung steigt die Beitragsbemessungsgrenze demnach auf 8050 Euro pro Monat (2024: 7550 Euro). Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt auf 6150 Euro pro Monat (5775 Euro). Die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung wird auf 5512,50 Euro pro Monat festgesetzt (5175 Euro).
Prinzipiell erschließt sich mir eine Beitragsbemessungsgrenze nicht. Warum soll man anteilig weniger zu Sozialversicherungen beitragen weil man mehr verdient?
Irgendwo sollte man aber doch auch der kalten Progression sowie den Steuererhöhungen entgegenwirken oder? Wir sind von 38 OECD Staaten auf Platz zwei hinter Belgien mit der höchsten Abgabenlast auf Lohnarbeit. Jetzt erhöht sich Pflegeversicherung, Krankenversicherung und Rentenversicherung.
Könnte man nicht eher mal den leistungslosen Teil unserer Gesellschaft ans Kapital gehen? Sowas wie: Kapitalertragssteuer aufheben und an Einkommensteuer koppeln. Oder: Erbschaftsteuer Begünstigungen für Reiche komplett streichen.
Als Arbeitnehmer fühlt man sich immer mehr gemolken.
Die Beitragsbemessungsgrenze ist für Sozialversicherungen aus meiner Sicht angemessen. Damit sind ALG und Rentenanspruch auch gedeckelt, und man profitiert nicht mehr aus der Krankenversicherung, wenn man mehr Geld hat.
Das ist bei Steuern anders. Je mehr Einkommen (egal aus welcher Quelle) und je mehr Vermögen man hat, desto mehr profitiert man von staatlicher Infrastruktur, Dienstleistungen der Verwaltung und nicht zuletzt dem Schutz des Vermögens durch die staatliche Gewalt.
Was aber nicht angemessen ist, ist dass die Sozialversicherungen nur aus Lohneinkommen finanziert werden, genauso wie das Einkommen aus Kapital gegenüber Lohn steuerlich bevorteilt werden.
Alle Einkommen sollten gleichermaßen steuer- und sozialversicherungspflichtig sein, sowie große Vermögen auch mit Vermögenssteuer belegt.
Die Beitragsbemessungsgrenze ist für Sozialversicherungen aus meiner Sicht angemessen. Damit sind ALG und Rentenanspruch auch gedeckelt, und man profitiert nicht mehr aus der Krankenversicherung, wenn man mehr Geld hat.
Gerade darum sollte es in der GKV keine BBG geben. Starke Schultern sollen ja mehr tragen.
Naja wie der Name schon sagt sind es Sozialversicherungen, die rechnet sich für die Schwachen und nicht für die Starken. Das ist das Solidaritätsprinzip: Starke tragen mehr als Schwache und alle tragen die Last gemeinsam. Wenn der Spitzenverdiener allerdings die gleichen Leistungen bekommt für 10% vom Lohn wie der Normalverdiener für 18,6% dann sehe ich da eine Verletzung des Solidaritätsprinzips. Denn auch wenn der Spitzenverdiener nominal mehr trägt, trägt er anteilig weniger.
Prinzipiell erschließt sich mir eine Beitragsbemessungsgrenze nicht. Warum soll man anteilig weniger zu Sozialversicherungen beitragen weil man mehr verdient?
Das ist eigentlich ganz einfach. Man will den armen Reichen ihr Geld lassen, dafür lassen die vielleicht mal ne großzügige Spende an die eine oder andere Partei springen.
Ich find toll, dass Erwerbseinkommen immer mit Reichtum gleichgesetzt wird. Ich verdiene durch mein Studium vielleicht 25% mehr als der Medien, aber ohne Erbe oder ähnliche kann ich mir trotzdem keine eigene Wohnung, modernes Auto oder sonst irgendwelche großen Ausgaben leisten. (Okay in 10-20 Jahren vielleicht)
Prinzipiell erschließt sich mir eine Beitragsbemessungsgrenze nicht
Weil sie viel zu niedrig geworden ist.
In der Anfangszeit der privaten Krankenversicherung war es für die wenigen wirklich Reichen sinnvoll, sich privat zu versichern. Diese Leute hatten begründet höhere Ansprüche, als die gesetzliche KV leisten konnte.
Dann hat man über Jahrzehnte die Grenze nach unten verschoben. Heute liegt sie schätzungsweise beim Gehalt eines einfachen Ingenieurs. Entsprechend gibt es viele Leute, die oberhalb der Grenze verdienen (obwohl sie längst nicht wirklich reich sind und auch "nur" eine vernünftige normale Versicherung wollen. Wer besteht denn ernsthaft auf "Chefarztbehandlung" und "Einzelzimmer" usw.?)
Das hat die gesetzlichen Kassen leer gemacht, weil die Beiträge von so vielen "etwas besser" Verdienenden fehlen.
Wir sind von 38 OECD Staaten auf Platz zwei hinter Belgien mit der höchsten Abgabenlast auf Lohnarbeit. Jetzt erhöht sich Pflegeversicherung, Krankenversicherung und Rentenversicherung. Könnte man nicht eher mal den leistungslosen Teil unserer Gesellschaft ans Kapital gehen? Sowas wie: Kapitalertragssteuer aufheben und an Einkommensteuer koppeln. Oder: Erbschaftsteuer Begünstigungen für Reiche komplett streichen.
Machen die anderen Staaten das denn? Wieso funktioniert das bei denen mit geringeren Abgabenlast auf Lohnarbeit?
Steuern auf Vermögen. Also Steuern auf Immobilien, Aktien, Erbschaft und so weiter. Soetwas gibt es in Deutschland kaum, es kann allerdings sehr viel Geld einbringen.
Die Beitragsbemessungsgrenze wäre deutlich sinnvoller, wenn sie zumindest die tatsächlich die Grenze der Beitragszahlung wäre und nicht nur die Hürde, um sich vom Solidarsystem freizukaufen.
Die Existenz einer Beitragsbemessungsgrenze ist an sich schon ein Skandal. Es gibt keinerlei vernünftige Begründung dafür, dass am oberen Ende der Einkommenskurve plötzlich das Solidarprinzip nicht mehr gelten soll.
Und ja, Vermögensungleichheit ist aktuell ein größeres Problem als Einkommensungleichheit. Aber die Existenz eines größeren Übels sollte uns nicht davon abhalten ein kleineres abzustellen wenn das politisch durchsetzbar ist.
Die Vermögens- und Einkommensscheren sind unterschiedliche Probleme, beide gehören gelöst. Ich bin aber grundsätzlich bei dir, Vermögen wäre wichtiger - scheint aber policy-technisch schwieriger zu sein.
Du hilfst dir halt echt nicht damit wie du das ausdrückst.
Die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung wird auf 5512,50 Euro pro Monat festgesetzt (5175 Euro).
Laut dem Statistischen Bundesamt beträgt das Durchschnitts-Bruttogehalt von Vollzeitangestellten im April 2023 etwas über 4300€. Das heißt eine Person die gerade mal 20% mehr verdient, wird von der Beitragserhöhung betroffen sein.
Ich verstehe immer noch nicht, warum es in Deutschland auf Erwerbseinkommen so viel mehr Abgaben gibt, als auf Vermögen. Auch wenn es nur die "Besserverdiener" betrifft.
Laut dem Statistischen Bundesamt beträgt das Durchschnitts-Bruttogehalt von Vollzeitangestellten im April 2023 etwas über 4300€. Das heißt eine Person die gerade mal 20% mehr verdient, wird von der Beitragserhöhung betroffen sein.
Da ich das ziemlich Abstrakt finde, hab ich mir mal die Grafik zur Verteilung aus diesem Link angesehen um einschätzen zu können, wer da betroffen ist. Etwa 63% aller Vollzeitbeschäftigten verdient weniger als den Durchschnitt. Der größte Anteil der Bruttomonatsverdienste bewegt sich im Bereich von 2.900 bis 3.100 EUR.
Um von der Erhöhung der Bemessungsgrenze betroffen zu sein, bewegt man sich bereits im obersten Viertel der Verdienste und ist deutlich über den Verdiensten der größten Anteile in der Verteilung.
Gerne darf auch auf Vermögen mehr belastet werden und die Versicherungspflichtgrenze und andere Fluchtmöglichkeiten aus dem Solidarsystem abgeschafft werden. Die zitierte Formulierung finde ich dennoch etwas missverständlich.
Ich finde wenn 25% aller Arbeitnehmer betroffen sind (wenn die Zahl den stimmt), ist das ziemlich viel. Zumal da auch Leute dabei sind, die z.B. wegen dem Studium erstmal weniger oder gar kein Einkommen hatten, um dann später eben mehr zu verdienen.
Gerne darf auch auf Vermögen mehr belastet werden und die Versicherungspflichtgrenze und andere Fluchtmöglichkeiten aus dem Solidarsystem abgeschafft werden. Die zitierte Formulierung finde ich dennoch etwas missverständlich.
Wie ich ein dem anderen Kommentar geschrieben hab, ist die Ungleichheit von Vermögen in Deutschland erheblich größer als vom Einkommen. Und im Gegensatz zu Erwerbseinkommen ist Vermögen fast ausschließlich vererbt oder durch Ausbeutung anderer entstanden.
Und wer bekommt diesen tollen Durchschnitt? Der Durchschnitt ist eine ganz beschissene Zahl, die absolut nichts über die Realität aussagt, denn er ist massiv durch grotesk hohe und durch solche Dinge wie Beitragsbemessungsgrenze und Spitzensteuersatz auch noch geförderte Einkommen verzerrt. Das mittlere Einkommen liegt wesentlich niedriger. Ein Großteil der Vollzeitbeschäftigten kannn von einem durcschnittlichen Einkommen nur träumen.
Wichtiger Punkt, der oft vergessen wird. Das durchschnittsvermögen hat bei der krassen vermögensungleichverteilung in Deutschland und auch in vielen anderen Ländern keine Nähe zum Medianvernögen. Hier ein paar zahlen dazu. Funfact: würde man bei der oberen Grafik in kleinere Prozentwerte aufgelöst, würde man selbst bei den "ärmsten" reichen 10% hin zu dem reichsten 1% ebenfalls eine exponentiellen anstieg erkennen. Grafiken wie diese sollten viel bekannter sein, schließlich entscheiden alle WählerInnen Deutschlands indirekt mit, ob Vermögen umverteilt werden soll, oder nicht.
https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61781/vermoegensverteilung/
Eine so ungleiche vermögensungleichheit ist nicht nur verdammt asozial, sondern lähmt auch die Volkswirtschaft und den Fortschritt.
Ich weiß, etwas offtopic, denn vermögen ist kein Einkommen (medianbruttoeinkommen in D 2020: 3551€), aber hier verhält es sich ähnlich, wenn auch weniger drastisch.
Bin deshalb auch eher für vermögenssteuer als höhere lohsteuer. Dass es überhaupt eine obere Beitragsbemessungsgrenze bei der sozialversicherung gibt ist noch die Krönung des ganzen, warum soll ich anteilig an meinem kleineren einkommen weniger Versicherung zahlen als eine Person, die viel verdient? Leute mit weniger Einkommen müssen doch auch einen dazu einen viel höheren Anteil ihres Einkommens verkonsumieren um zu leben.
Ich hätte auch den Median nehmen können, aber dazu hab ich gerade keine aktuellen Zahlen gefunden. Laut Stepstone liegt der Medianlohn liegt ~13% unter dem Durchschnittslohn. Klar macht das nochmal ein Unterschied, aber auch "Besserverdiener" sind von ihrer Arbeitskraft abhängig.
Grundsätzlich bin ich da jetzt nicht dagegen aber bringt das was?
Also kommt da wirklich eine nennenswerte Entlastung für die Sozialversicherungssysteme bzw. die restlichen Beitragszahler raus?
Kennt dazu jemand Zahlen?